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Nur auf den ersten Montagsbrief gab es eine
Reaktion eines Weihbischofs.
Brief von
Weihbischof Thomas Maria Renz:
Liebe
Initiatorinnen und Initiatoren der "Aktion
Montagsbriefe",
ganz herzlich danke ich Ihnen für
Ihre "Aktion Montagsbriefe", durch die Sie mit uns
Bischöfen in einen ganz persönlichen, ehrlichen und
unmittelbaren Dialog auf der Basis des Wortes Gottes kommen
wollen. Sie haben diese Aktion aus echter und tiefer Sorge über
die aktuelle Lage der Kirche in unserem Land ins Leben gerufen und
offenbar nicht ohne begründete Hoffnung, dass es eben doch
noch Hoffnung gibt für die "Patientin Kirche", mit
der so viele in unserem Land gegenwärtig leiden, wie ich
selber in vielen Begegnungen mit Gläubigen Woche für
Woche wahrnehme.
Diesen Ansatz eines biblisch basierten
Dialogs zwischen Gläubigen und ihren Bischöfen finde ich
goldrichtig und zugleich höchst spannend!
Ich
verspreche mir viel von ihm für unseren Dialog- und
Erneuerungsprozess, der nach meiner Wahrnehmung ganz dringend
frischen Wind, neue Impulse, andere Kommunikationswege und vor
allem - noch viel mehr als bisher - ein gemeinsames Hören
aller auf das Wort Gottes braucht, wenn er nicht eines Tages als
"lahme Ente" enden oder als "zahnloser Tiger"
jeglichen Biss vermissen lassen will! Das II. Vatikanische Konzil
hat uns ja die unverzichtbare Bedeutung des Wortes Gottes für
die Erneuerung der Kirche vielfach vor Augen geführt, so etwa
in der Dogmatischen Konstitution über die Göttliche
Offenbarung, in der es u.a. heißt: "So ist Gott, der
einst gesprochen hat, ohne Unterlass im Gespräch mit der
Braut seines geliebten Sohnes, und der Heilige Geist, durch den
die lebendige Stimme des Evangeliums in der Kirche und durch sie
in der Welt widerhallt, führt die Gläubigen in alle
Wahrheit ein und läßt das Wort Christi in Überfülle
unter ihnen wohnen" (Dei Verbum Nr. 8). Dass gerade Letzteres
wieder möglich und erfahrbar wird, das wünsche und
erhoffe ich mir von unserem Dialog für uns und unsere
Kirche.
Gott ist also ununterbrochen "im Gespräch",
im Dialog mit seiner Kirche und macht sein heilbringendes Wort
durch seinen "Kommunikationskünstler", den Heiligen
Geist, fruchtbar in Kirche und Welt. Deshalb nehme ich die
Einladung zum Dialog mit Ihnen gerne an und möchte Ihnen eine
persönliche Antwort geben auf Ihren "Montagsbrief"
zum 1. Advent.
Ich verstehe Ihre Vorbehalte und Bedenken
gegen die Begrifflichkeit "mit großer Macht und
Herrlichkeit" (Lk 21, 27), weil sie anscheinend nicht mehr in
unsere Zeit passt und weil sie allzu oft schon missbraucht worden
ist - leider auch innerhalb der Kirche! Und das, obwohl Jesus uns
genau davor eindringlich gewarnt hat: "Ihr wisst, dass die,
die als Herrscher gelten, ihre Völker unterdrücken und
die Mächtigen ihre Macht über die Menschen missbrauchen.
Bei euch aber soll es nicht so sein, sondern wer bei euch groß
sein will, der soll euer Diener sein, und wer bei euch der Erste
sein will, soll der Sklave aller sein" (Mk 10, 42-44).
Machtmissbrauch aller Art schadet also der Kirche und ihrer
Glaubwürdigkeit! Sie hat in der Kirche nichts zu suchen, weil
sie von Jesus selbst von allem Anfang an aus ihr verbannt worden
ist, sowohl durch sein eigenes Leben und Beispiel, als auch durch
seine Worte, die an Deutlichkeit nichts vermissen lassen.
Wenn
der Menschensohn "mit großer Macht und Herrlichkeit"
wiederkommt, dann wird das völlig konträr zu all dem
geschehen, was wir gemeinhin mit "Macht und Herrlichkeit"
konnotieren. Erst vor einer Woche haben wir ja beim
Christkönigsfest das Wort Jesu gehört: "Mein
Königtum ist nicht von dieser Welt!" (Joh 18, 36). Jesus
Christus ist ein König ganz anderer Art und Macht: sein
Königsthron ist das Kreuz, seine Königskrone ist die
Dornenkrone, seine Herrschaft ist Liebe! Diese ganz eigene und
ganz andere Art, mit der Jesus seine Herrschaft ausübt, muss
bleibender Maßstab sein für uns und unseren Umgang
miteinander in der Kirche und für alles, was in der Kirche
mit Hierarchie, Leitung und Macht zu tun hat.
Sie fragen
uns Bischöfe, ob wir "wirklich gute Lehrer, die uns für
Christus begeistern" können, sind. Und Sie wählen
für die Art, wie Sie uns Bischöfe wahrnehmen, den
Vergleich des "mechanischen Tonträgers" als
Ausdruck für den fehlenden Dialog auf Augenhöhe. Nun
kann man einem Lautsprecher keinen Vorwurf daraus machen, dass er
nur einseitig beschallt, denn genau das ist ja seine Aufgabe: er
hat ja nicht die Funktion eines Dialogpartners. Aber
ich verstehe Ihr Anliegen, das Sie mit diesem Bildvergleich zum
Ausdruck bringen wollen. Es wäre in der Tat katastrophal,
wenn Sie uns Bischöfe so
wahrnehmen
würden: wie Lautsprecher, die man halt abschaltet, weil sie
einen nur einseitig beschallen und irgendwann nur noch
nerven. Das wäre in der Tat kein gutes Bild und Exempel
für eine vom Heiligen Geist inspirierten und auf dem Wort
Gottes basierten Dialog in der Kirche! Ich nehme Ihre damit
verbundene Anfrage gerne an als ernste Anfrage bezüglich der
wahrscheinlich allzu oft fehlenden Selbstkritik von uns Bischöfen.
Die Erneuerung der Kirche muss aber bei uns Bischöfen
beginnen, weil nur Bekehrte andere bekehren können, weil nur
Begeisterte andere begeistern können, weil nur Erneuerte
andere erneuern können.
Schließlich sprechen Sie
in Ihrem ersten "Montagsbrief" die Bedeutung der Laien
in der Kirche an. Die Sendung und der Dienst der Laien
in der Welt von heute, wie sie uns das II. Vatikanische Konzil
gelehrt hat, müssen wir in der Tat wieder gemeinsam gründlich
studieren und daraus Konsequenzen für die Situation der
Kirche von heute ziehen. Viele Konzilsdokumente, vor allem
"Gaudium et Spes", "Lumen Gentium" und
"Apostolicam actuositatem" sind wahre Fundgruben für
diese zentrale Frage hinsichtlich der Erneuerung der Kirche in
unserer Zeit. Ich bin davon überzeugt, dass diese Frage ein
Schlüsselthema ist für viele Probleme, mit denen wir
heutzutage in der Kirche konfrontiert und allzu oft geplagt
sind.
In den letzten Monaten habe ich mich persönlich
viel mit dem sogenannten "Katakombenpakt" beschäftigt
und mit unterschiedlichen Menschen darüber diskutiert
(siehe www.pro-konzil.de/?p=140).
Vergangene Woche wurde in einer eigenen Fernsehsendung über
diese beeindruckende Initiative einiger mutiger
Konzilsbischöfe um den damals jungen Bischof Dom Helder
Camara für eine dienende und arme Kirche berichtet. Ich bin
davon überzeugt, dass unsere Kirche heute wieder einen neuen
Katakombenpakt braucht, durch den sich dieses Mal aber nicht nur
ein paar Bischöfe zu einem einfachen Lebensstil und einem
dienenden Amtsverständnis selbstverpflichten, sondern
Priester, Diakone, Gemeindereferentinnen, Pastoralreferenten und
Laien gleichermaßen. Wenn am Ende unseres Dialog- und
Erneuerungsprozesses so etwas in der Art herauskäme, dann
hätten sich alle unsere Mühen sicherlich
gelohnt!
Herzliche Grüße von Thomas Maria
Renz Weihbischof in der Diözese Rottenburg-Stuttgart
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